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Am Mittwoch, den 15. November 2017, empfing die Frankfurt School of Finance & Management Peer Steinbrück, Bundesminister a.D. und Senior Advisor der ING-DiBa AG, zu einem Vortrag über die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB). Die studentische Initiative FS Economy & Politics hatte die Veranstaltung organisiert. Nach einem Vortrag von Friedrich Merz im September war der Abend die zweite große Veranstaltung der Initiative in diesem Jahr.
Stellvertretend für die Initiative hießen Gründer Ekin Akkaya und Head Tim Hartmann den Gast Willkommen.
Im Namen der gesamten Frankfurt School begrüßte Dr. Heike Brost, Leiterin Degree Programmes & Executive Education, den Referenten Peer Steinbrück und mehr als 400 Gäste – darunter vor allem Studierende sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Wirtschaftsuniversität. Besonders hob sie dabei das Engagement der studentischen Initiative hervor, die zur Förderung der Gemeinschaft an der Business School beitrage.
Dr. Heike Brost begrüßte mehr als 400 Gäste (Foto: Patrick Becker)
„Whatever it takes“, dieser Satz, geäußert von Mario Draghi, Präsident der EZB, im Juli 2012 in London, sei die ökonomische und politische Kehrtwende für Europa während der Eurokrise gewesen. „Auf dem Höhepunkt der Eurokrise war nichts mehr sicher, ein Zusammenbruch der Europäischen Währungsunion erschien möglich. Durch seine Aussage alles Notwendige zu tun, um den Euro zu erhalten, signalisierte Mario Draghi Stärke – vor allem gegenüber Spekulanten“, so Peer Steinbrück.
Die Eurokrise habe eine Vorgeschichte, da die Währungsunion nach ihrer Gründung nicht komplettiert wurde. Eine fehlende, nicht zentralisierte, europäische Wirtschafts- und Fiskalpolitik sowie kein gemeinsamer großer Kapitalmarkt seien Faktoren, die zur Krise beitrugen. Eine gemeinsame Bankenunion, die für Stabilität der Finanzmärkte sorge, sei jedoch nicht gewollt, da die Nationalstaaten nicht weiter Souveränität an die Europäische Union abgeben wollten.
Peer Steinbrück sprach an der Frankfurt School über die Niedrigzinspolitik der EZB (Foto: Patrick Becker)
Aufgrund von vielen finanziell angeschlagenen Staaten, vor allem im Süden Europas, sowie der hohen Gefahr eines Dominoeffekts durch die internationale Verflechtung des Finanzsystems, sei eine Politik des „billigen Geldes“ unausweichlich gewesen. „Neben dem Euro-Rettungsschirm war die Politik der EZB, den Leitzins zu senken, notwendig. Allerdings war die extrem billige Geldpolitik nicht neu. Das Zentralbank-System der Vereinigten Staaten hatte dieses Instrument, das Quantitaive Easing, bereits zwei bis drei Jahre davor eingesetzt“, betonte Peer Steinbrück.
Mit ihrer Politik habe die EZB zwar für Stabilität und eine neue Liquidität bei Staaten, Firmen und Privatpersonen gesorgt, eine langfristige Lösung sei dies aber nicht. „Dass die EZB ein Zeichen für Stabilität gesetzt hat, war notwendig, um das Vertrauen in ganze Staaten weiterhin aufrecht zu erhalten. Diese Strategie hat jedoch auch negative Effekte. Es gibt kaum mehr rentable Anlagemöglichkeiten – darunter leidet vor allem die Mittelschicht. Die Preise von Immobilien steigen immer weiter, da man sich sehr günstig Geld leihen kann. Erste Anzeichen von einer Blasenbildung kann man bereits erkennen“, so der ehemalige Finanzminister.
Die aktuelle Geldpolitik im Euroraum sei deshalb auch eine Gefahr, durch die sich Probleme wiederholen könnten. „Bei der Banken- und Finanzkrise im Jahr 2007 haben wir ähnliche Entwicklungen gesehen. Viele Privatpersonen konnten ihre Kredite gar nicht bedienen, die durch zu günstiges Geld überhaupt ermöglicht wurden. So gab es einen Boomerang-Effekt und der spekulativ aufgeblähte Immobilienmarkt platzte. Das hat sich letztendlich auf die gesamte Weltwirtschaft übertragen“, ergänzte Peer Steinbrück.
Peer Steinbrück mit Studierenden der Frankfurt School (Foto: Patrick Becker)
Deshalb dürften sich die gleichen Fehler nicht wiederholen. „Durch die Geldpolitik der EZB werden Banken und gegebenenfalls auch Unternehmen am Leben gehalten, die nicht wettbewerbsfähig sind. Staaten spüren wenig Reformdruck. Der Zins als Risikoindikator fällt aus. Auf lange Sicht ist die Niedrigzinspolitik somit eine Gefahr“, sagte der Redner.
Peer Steinbrück betonte deshalb, dass es eine moderate und gut vorbereitete Zinswende geben müsse, bei der das politische und wirtschaftliche Umfeld genau zu beobachten sei. Außerdem sei eine sensibel vorbereitete Kommunikation gegenüber den Märkten und der gesamten Öffentlichkeit notwendig.
Nach dem Ende des Vortrages konnten die Gäste Fragen zum Vortrag stellen. Hierbei entwickelte sich eine lebhafte Diskussion über die aktuelle Finanzpolitik in der Eurozone sowie die Thesen von Peer Steinbrück.